Grimma - Lübbenau

 

Der dritte Tag führt uns aus Sachsen in 143 km in den sagenumwobenen Spreewald. Von Grimma aus folgen wir zunächst der Mulde auf der Trasse der alten Muldentalbahn nordwärts, ehe wir nahe Nitzschka in Richtung Nordnordost einschwenken. Wir erreichen Dahlen und die Dahlener Heide, ein 180 km² großes Waldgebiet welches von der Dahlener Endmoräne geprägt ist und auf engem Raum Höhenunterschiede von 55 m aufweist. Damit sticht die Dahlener Heide aus dem sonst flachwelligen und ackerbaureichen Nordsächsischen Platten- und Hügelland hervor. Sie hat daher als Naherholungs- und Naturschutzgebiet eine herausragende Stellung. Wir folgen der Straße durch die Dahlener Heide auf bis zu 215 m ü.NN, um dann ostwärts auf die Elbe zuzuschwenken, die wir bei Mühlberg nach ca. 55 km auf nur noch ca. 80 m ü.NN überqueren. Damit erreichen wir auch Brandenburg und die Niederlausitz.

 Die Landschaft hier wurde ebenfalls in der Saaleeiszeit geformt und ist geprägt von Moränen, Urstromtälern und Sanderflächen. Im Norden dominieren dabei sandige Hochflächen mit vielen Wäldern, im Süden durchfließt die Elster das Niederlausitzer Urstromtal. Unter dem Boden befinden sich die mächtigen Braunkohleablagerungen des Lausitzer Braunkohlereviers, dessen Tagebaue die Landschaft nachhaltig verändern. Gleichwohl sind mehrere Naturschutzgebiete ausgeschrieben, wie das Forsthaus Prösa, das unter anderem die mit 484 km² größten zusammenhängenden Traubeneichenwälder Mitteleuropas beherbergt, aber auch nach der militärischen Nutzung zurückgebliebene, offene Heidelandschaften. Diese werden durch die Beweidung mit Schafen erhalten. Viele seltene Vögel wie der Schwarzstorch und der Mittelspecht finden hier ideale Brutbedingungen vor.

 Zwischen den weiten Flächen der Heidelandschaften befinden sich dennoch auch ab und zu Zeugnisse menschlichen Lebens, wie die Städte Bad Liebenwerda und Finsterwalde. Bad Liebenwerda auf 86 m ü.NN erreichen wir nach ca. 75 km. Die 9.300 Einwohnerstadt liegt im Niedermoorgebiet der Heidelandschaft und hat sich insbesondere durch Moorbäder und den damit verbundenen Kurbetrieb einen Namen gemacht. Finsterwalde ist die mit 16.550 Einwohner größte Stadt des Elbe-Elster-Landkreises und liegt auf 108 m ü.NN. Die 1282 ersterwähnte Stadt ist eine typische ostelbische Koloniestadt, in der früher hauptsächlich Ackerbürger lebten. Im Spätmittelalter ist jedoch die Tuchherstellung wichtigstes Gewerbe geworden. Der industrielle Aufschwung im 19. Jh. brachte aus den zünftlerischen Handwerksbetrieben dann große Fabriken hervor. Bekanntheit erlangte Finsterwalde auch mit dem Gassenhauer „Wir sind die Sänger von Finsterwalde“ von 1899, den die Finsterwalder immer noch als Eröffnungslied des alle 2 Jahre stattfindenden Sängerfestes singen.

 In der Gegend zwischen Finsterwalde, Cottbus und dem Spreewald dominieren dann zwischen Wäldern und Feldern Bergbaufolgelandschaften im Niederlausitzer Landrücken. In der typischen Endmoränenlandschaft finden sich Dünen, Trockenrasen und Sandheiden auf den ehemaligen Kippen, die heute wiederum Biotope für eine einzigartige Fauna sind. Die offengelassenen Tagebaue werden mit Wasser geflutet und lockern damit die Landschaft, die über keine natürlichen Seen verfügt, auf.

 Am Ende dieses langen, aber an Höhepunkten bisher nicht sonderlich reichen Tages erreichen wir dann Lübbenau im Spreewald. Die Stadt mit 16.250 Einwohnern liegt auf 52 m ü.NN und gilt als das Tor zum Spreewald. Menschen siedeln hier schon seit dem 8. / 9. Jahrhundert, 1301 wurde die Burg Lubenowe zuerst erwähnt. Der Titel Ort der Vielfalt weist auf zahlreiche Sehenswürdigkeiten wie das Spreewaldmuseum und die größte Hafenanlage im Spreewald hin, von der aus Bootsfahrten durch die zahlreichen Flussverzweigungen und Kanäle des Spreewalds angeboten werden. Die als Biosphärenreservat ausgeschriebene Auen- und Moorlandschaft muss bei einer solchen Tour besonders eindrucksvoll wirken. Die Landschaft präsentiert sich hier außerordentlich flach und eben und weißt die südlichsten Jungmoränen auf, also solche aus der Weichselkaltzeit die bis vor ca. 10.000 Jahren andauerte.

 Kulturell ist das Land durch die Sorben geprägt, ein westslawisches Volk, das in der Ober- und Niederlausitz heimisch ist und eine eigene Kultur, Sprache, Flagge und Hymne besitzt. Als nationale Minderheit steht ihre Kultur dabei unter besonderem Schutz, die Ortsnamen sind stets zweisprachig ausgewiesen. Die Sprache der Obersorben ist dabei dem Tschechischen nahe stehend, jene der Nordsorben eher dem Polnischen. Insgesamt gibt es heute noch ca. 20.000–30.000 aktive Sprecher.